Beleidigtschweigen


6/2014

Über ein halbes Jahr rum und immer noch angekommen!

Ich bin seit meinem letzten Beitrag NICHT umgezogen!! Wahnsinn, ich habe ja schon sonst nicht so richtig oft was geschrieben, aber acht Monate sind glaube ich Rekord! Diese beiden Tatsachen in Kombination miteinander grenzen ja geradezu an Unwahrscheinlichkeit!

Jedes Mal, wenn ich mir vornehme, mal wieder einen neuen Beitrag hier rein zu schreiben, stöbere ich vorher ein wenig durch meine alten Geschichten und werde ob des Vergangenen ein bisschen sentimental. Aber nicht allein deswegen. Es ist unleugbar: meine Fähigkeit, mich gewählt, gewitzt und unterhaltsam pseudo-intellektuell auszudrücken hat mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Ende meines Studiums sicht- und spürbar nachgelassen. Wehmütig blicke ich auf solch geistige Ergüsse von damals zurück wie »So redet sie nun mit stark auf und ab schwankender Sprachmelodie, stets in einem leicht entsetzten oder aufgebrachten Ton, Leitartikel-Überschriften zitierend auf ihren wehrlosen Gegenüber ein und versucht ihn damit von der Unsäglichkeit der Dinge zu überzeugen. Dabei verurteilt sie ob ihrer eigenen Gewöhnlichkeit alles Ungewöhnliche, weil es ihr ihre eigene Gewöhnlichkeit so sehr vor Augen führt, dass sie es nicht ertragen kann.« oder »Es dauert geschlagene 9 Minuten, bis ich sie in mein Buch starrend beleidigtgeschwiegen habe und sie wieder aussteigt.« Cool, jemanden beleidigtschweigen. Haha!

Nun, ich habe das wohl ein bisschen verlernt. Man kommt schnell aus der Übung, wenn man nicht jeden Tag quasi hauptberuflich schwafeln muss.

Da sich meine kleine Colonnette in erster Linie aus den absonderlichen Geschichten speiste, die ein Leben in mentaler und vor allem geographischer Bewegung so mit sich bringt, habe ich im Grunde gar keinen Anlass mehr zum Schreiben. Ich arbeite jeden Tag den ganzen Tag in einer Festanstellung und wenn die Orchesterhorde mich nach Hause lässt gehe ich selbst singen und trommeln oder mir singende Menschen in Kneipen oder auf Plätzen anhören, sehe nebenbei zu, dass mein kleiner Balkongarten vor sich hin wächst und ich nach und nach alles, was eben dieses da tut, mittelfristig verspeisen kann. Sieht aber gut aus bisher (außer bei den Gänseblümchen, die schmecken ja überhaupt nicht!). Insgesamt also eine nicht so schlechte, aber auch nicht gerade besonders großen Schwankungen unterworfene Work-Life-Balance. Ausbrüche nach oben oder unten sind selten und wenn, dann meist Wetter- oder Konzertbedingt.

Ihr seht: eigentlich ist mein Leben jetzt langweilig. Total gut!

Ich freue mich auf meinen ersten richtigen Hamburger Sommer (noch ein bisschen zu wenig Babyenten für meinen Geschmack), viel Radfahren, in Parks und an Alstern rumsitzen und draußen Sachen essen.
Cool!